Mein Kinojahr 2015
Wie im vergangenen Jahr habe ich mal die fünf Filme zusammengestellt, die mich am tiefsten in den Kinositz gepresst, am meisten gepackt oder berührt, mich also am nachhaltigsten beeindruckt haben. Das war in diesem Jahr gar nicht schwer, denn sonderlich viele Höhepunkte hatte es für Cineasten – trotz manch unterhaltsamer Blockbuster – nicht zu bieten. Hier sind sie also, die Handvoll Erinnerungen daran, warum ich das Kino liebe.
Die ersten zehn Minuten von “Spectre” sind schlicht grandios, aber dann treten alle Beteiligten derart massiv auf die Bremse, dass nicht zuletzt “Skyfall”-Fans zurecht enttäuscht sind. Also muss ein anderer Superspion die Kohlen aus dem Feuer holen, wenn 007 schwächelt. Bloß wer? Die Models aus “Codename U.N.C.L.E.” sind raus, denn Regisseur Guy Ritchie hat den Groove verloren. Stattdessen übernehmen die Newcomer aus Kingsman: The Secret Service. Derart bunt und brutal, unterhaltsam und unverfroren wurde das Genre des Agentenfilms noch nie gleichzeitig parodiert und erneuert. Gut, dass eine Fortsetzung inzwischen als gesichert gilt.
Im Marvel Cinematic Universe läuft noch immer alles nach Plan. Nach wie vor leistet sich der Comic-Gigant mit seinen Leinwandabenteuern keinen nennenswerten Patzer. Zwar wurde Avengers: Age Of Ultron nicht ganz so gespannt erwartet wie der längst legendäre erste Film um Iron Man, den Hulk und ihre zänkische Truppe. Und auch die Begeisterung war etwas gedämpfter. Aber das ist alles sehr relativ – wir reden hier immer noch über große Unterhaltung, über perfektes Popcorn-Kino und einen der erfolgreichsten Streifen aller Zeiten. Man kann fast nur in Superlativen davon schwärmen. Und doch: Etwas mutiger dürfte es in Zukunft wieder zugehen, wenn die Comichelden zum Leben erweckt werden…
…etwa wie in Ant-Man, dem zweiten MCU-Film dieses Jahres. Der will deutlich weniger und schafft dadurch etwas mehr. Hier wird zwar nicht die Welt gerettet, dafür gibt es aber auch mehr als rasant inszeniertes Getöse. Nämlich eine stringent erzählte Handlung, reichlich Spannung, genug Humor und vor allem charismatische Hauptdarsteller: Paul Rudd ist die perfekte Besetzung für den sympathischen Ganoven Scott Lang, der eher unfreiwillig zum Superhelden wird, und Michael Douglas gibt erfreulich zurückgenommen seinen Mentor und Vorgänger Hank Pym. Nicht selten fühlt man sich – von den gewohnt beeindruckenden Spezialeffekten abgesehen – in die glorreichen 80er zurückversetzt, als Kino noch Unterhaltung für die ganze Familie bedeutete. Das hat in diesem Jahr nur ein weiterer Film geschafft, aber dazu kommen wir noch.
Erstmal zeigen uns zwei alte Haudegen, wie man einen richtigen Actionfilm macht. Mad Max: Fury Road wartete mit Regisseur George Miller (70), dem Erfinder der Hauptfigur, und Kameramann John Seale (73) auf. Und die beiden großen alten Männer hielten sämtlichen Nachfolgern mal schön die Faust vors Kinn. Beziehungsweise den Mittelfinger vor die Nase. Eine schweißtreibende Tour de force gelang ihnen, zum Großteil handgemacht und in allen Belangen erfrischend old school. Es riecht nach Blut, Schweiß und Benzin, wenn der irre Ex-Cop Max (diesmal verkörpert von Tom Hardy) und die knallharte Amazone Furiosa (Charlize Theron) durchs kaputte Australien brettern. Besser geht so etwas einfach nicht. Mit der Betonung auf “einfach”.
Ihr ahnt es schon: Mein persönlicher Film des Jahres ist selbstverständlich Star Wars: Das Erwachen der Macht. Ich war nicht besonders skeptisch, als ich den Kinosaal betrat, denn J.J. Abrams hat mit seinem (nicht unumstrittenen) “Star Trek”-Reboot bereits bewiesen, dass ihm Schlachten im All näher sind als philosophische Exkurse. Und so saß ich erwartungsgemäß 135 Minuten breit grinsend da, hatte Pipi in den Augen und ein freudig klopfendes Herz angesichts des Phänomens, das der Mann zu neuem Leben erweckt hatte. Ich bin “Star Wars”-Fan seit meinem sechsten Lebensjahr, ich liebe die Original-Trilogie über alles, kann mit den Prequels gut leben und praktisch jeden Dialog mitsprechen. Und nun läuft endlich wieder ein Film im Kino, der aussieht, sich anhört, der sich verdammt nochmal anfühlt wie “Star Wars”! Es gibt neue Helden, die man sofort ins Herz schließt. Es gibt alte Helden, die man dort für immer bei sich trägt. Es gibt eine packende Geschichte, jede Menge Reminiszenzen an die gute alte Zeit und einige Versprechen für eine gute neue. Ich habe mich mehr als zwei Stunden lang ganz ohne Zynismus gefreut wie ein Kind. Und kann die nächsten Episoden kaum erwarten.