„Reset“ sendet zweifelhafte Botschaften

„Reset“ sendet zweifelhafte Botschaften

Foto: ZDF

Ich liebe Serien und Filme, die sich mit Zeitreisen beschäftigen. Auch bei Star Trek würde ich vermutlich  immer zuerst die Folgen als Favoriten nennen, die mit Zeitreisen oder Parallelwelten zu tun haben. Denn alles an ihnen ist unlogisch, schwierig, macht Kopfweh oder Qualm über dem Schädel. Genau deshalb schaue ich das so gern.

Nun hat sich das ZDF in der Mini-Serie „Reset“ doch tatsächlich an dieses Genre herangetraut. Katja Riemann spielt die erfolgreiche Moderatorin und Mutter zweier Kinder „Flo Bohringer“. Flo zieht es den Boden unter den Füßen weg, als sich ihre schwierige Tochter Luna (Hannah Schiller) das Leben nimmt. In ihrer Trauer begegnet sie einer Journalistin, die ihr eine Karte in die Hand drückt. Die Agentur „Plan B“ vermittelt Zeitreisen. Ein Anruf, und dann kann man sich aussuchen, wie weit zurück man reisen möchte, um etwas am Leben zu ändern. „Reisen Sie nicht zu weit weg zurück“, mahnt die unbekannte Frau noch. Aber da ist Flo schon kopfschüttelnd abgezogen. An so einen Quatsch glaubt sie nicht. Als sich am kommenden Tag etwas bewahrheitet, das die Frau ihr als Beweis vorhergesagt hat, überlegt sie gar nicht erst und ruft die Nummer an. Für etwas weniger als 10.000 Euro reist sie ein paar Wochen zurück – um den Tod ihrer Tochter zu verhindern. Als sie innerhalb dieser Zeit merkt, dass sie nicht weit genug gereist ist, reist sie noch einmal zurück – diesmal mehrere Monate. Auch das ist nicht weit genug. Es folgt Reise drei – ganz zehn Jahre geht es diesmal zurück. Luna ist gerade 7. Von ihrer Depression noch nichts zu sehen oder zu spüren. Nun will Flo verhindern, dass es überhaupt so weit kommt und trifft Entscheidungen.

Sie verzichtet auf ihre Karriere und bleibt bei ihren Kindern. Sie trennt sich nicht von ihrem Mann, den sie liebt, aber nicht mehr begehrt. Sie wird zum Hausmütterchen. Alles, um die Depression der Tochter zu verhindern. Die Jahre vergehen. Und ja, es klappt: Luna wird nicht depressiv, nimmt sich nicht das Leben.

Das ist mein großes Problem am Plot dieser Serie. Welches Bild soll diese Handlung vermitteln? Man kann die Depression des eigenen Kindes verhindern, wenn man sich selbst hintanstellt, das eigene Leben aufgibt und den Kindern zwanghaft heile Welt vorspielt? Das ist eine Aussage, die ich wirklich schrecklich finde. Sie vermittelt doch Eltern, die depressive Kinder haben, dass sie versagt haben, dass sie nicht genug da waren, dass sie sich nur um sich selbst gedreht haben, dass sie verantwortlich sind für die Depression der Kinder. Aber das Leben ist so einfach eben nicht. Unabhängig davon, dass niemand die Chance hat, zurückzureisen, um etwas besser zu machen. In der Serie wird beispielsweise auch nicht geklärt, wo Lunas Problem sitzt. Was die Ursache ist. Schon als Siebenjährige schlägt sie andere Kinder, ist dezent verhaltensauffällig. Wieso? Diese wichtige Charakterinformation wird immer wieder erzählt, aber nie näher beleuchtet. Helikopter-Mutter Flo ist aber schon zur Stelle und hält jeden Schaden von ihrem Kind fern.

Neben diesem unglaublich schwachen Drehbuch, dessen finale Aussage ist, dass alles gut wird, wenn man sich der Kinder zuliebe nur ein bisschen zusammenreißt und alles aufgibt, fehlt mir auch die Erwähnung des Paradoxons der Zeitreise. Man kann es clever nennen, dass die Serie nicht mal im Ansatz darauf eingeht. Wir blenden die Idiotie des Ganzen einfach aus, kann man machen. Aber damit macht es sich der Autor immer sehr leicht. Es gibt keine Zeitreise, die nicht dazu führt, dass sich etwas verändert. Ich kann durchgehen lassen, dass die ganze Serie nur eine Art Gedankenspiel ist: Was wäre wenn? „Wie weit willst du gehen?“, heißt es dann ja auch zweideutig im Untertitel. Aber selbst wenn wir das ausblenden, greift doch noch meine unmittelbare Kritik an der Handlung.

Liebe Mütter und Väter da draußen: Ihr seid genug. Ihr kriegt das hin. Ihr habt euer Bestes gegeben, das unterstelle ich mal. Alles wird gut. Viel Kraft für alle Herausforderungen mit den Kindern. Es gibt nicht mehr zu tun, als da zu sein, als es zu versuchen, ein offenes Ohr zu haben, Führung anzubieten, einen Rahmen zu setzen, die Kinder zu umarmen, sie festzuhalten und dann loszulassen. Niemand muss oder sollte sich schuldig fühlen, wenn er an der ein oder anderen Stelle versagt. Niemand sollte sich fragen müssen, was er hätte anders machen können. Meistens ist es nämlich so: GAR NICHTS.

Hannah Schiller in der Rolle der Luna spielt auf gewohnt nervenaufreibende, anstrengende Art und Weise ihre Rolle. Sie ist immer etwas zu wütend und etwas zu traurig. Katja Riemann als überspannte Flo Bohringer sorgt vor allem in den Talkshow-Szenen im Studio für einige Fremdscham-Momente. Man kann kaum so viel weggucken, wie man Augenbinden bräuchte. Das Drehbuch ist gerade an diesen Stellen unglaublich schwach. So eine Show hätte es weder vor 30 noch in 30 Jahren in irgendeine Programmierung geschafft.

Ab Folge drei gingen mir alle Figuren gehörig auf den Sender. Die letzte Folge habe ich mir geschenkt und heute das Ende nachgelesen. Nichts verpasst, sage ich mal.

Für mich ist „Reset“ die weitere Bestätigung, dass das deutsche Fernsehen Genre nicht kann.

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