Es kann nur eine geben!

Es kann nur eine geben!

Dieser Tage kocht mal wieder ein Thema hoch, das sich in regelmäßigen Abständen in der Serien-, Fernseh- und Filmwelt in Deutschland finden lässt. Synchronisation. Das betrifft zwar nicht nur Deutschland, sondern unter anderen auch Frankreich, Spanien und Italien, doch die Diskussion über Synchronsprecher und Synchronisationen findet in dieser Härte nur in Deutschland statt und zwar immer dann, wenn entweder ein Synchronsprecher verstirbt oder ein neuer Synchronsprecher einen alten ablöst.

Im aktuellen Fall betrifft es mal wieder David Duchovny. Der arme Mann bekommt alleine innerhalb von Akte X jetzt seinen dritten Sprecher: Sven Gerhardt. Bekannt wurde Mulder hierzulande mit der Stimme von Benjamin Völz (übrigens der Sohn von Wolfgang Völz). Neun Staffeln lang lieh Völz Duchovny seine Stimme. Dann war Pause. Und beim zweiten Akte-X-Film sechs Jahre nach Serienende schauten einige im Kino nicht schlecht, als Völz nicht mehr zu hören war. Ein schwerer Schlag in die Magengrube! Für die Rückkehr der Serie im Jahr 2016 hatten sich nicht wenige auch die Rückkehr von Herrn Völz gewünscht. Was 2008 beim zweiten Film scheiterte, gelang auch dieses Jahr nicht. Damals hatte Völz eine “zu hohe Gage” von 20.000 Euro gefordert, die abgelehnt wurde. Auch dieses Jahr wurde nichts daraus – Völz wird Duchovny nicht sprechen. Ob es wieder am Geld gescheitert ist – man weiß es nicht. ProSieben spricht in einer Erklärung von redaktionellen Gründen. Kann man glauben, kann man auch lassen. In dieser Erklärung bezieht sich ProSieben übrigens auf eine Petition, die einige enttäuschte Fans gestartet haben. Es darf vermutet werden, dass sie erfolglos bleibt.

Insgesamt wirft das mal wieder die Frage nach der Sinnhaftigkeit von Synchronisationen auf. Es ist natürlich leichter, sich fremdsprachige Filme und Serien in der eigenen Sprache anzuhören. Vielleicht ist es zu leicht. In Schweden beispielweise läuft jede nichtschwedische Serie, jeder nichtschwedische Film im Original mit Untertiteln – und ein ganz subjektiver Eindruck ist, dass Schweden nicht nur deutlich besser Englisch sprechen (und deutlich öfter) als Deutsche, sondern dass es auch besser klingt. Sie haben ein besseres Gespür für andere Sprachen. Das, was in der Schule gar nicht geleistet werden kann, weil die meisten Lehrer ebenfalls mit Akzent sprechen, schafft der Fernseher wie von selbst. Ja, es ist vielleicht am Anfang anstrengender, Untertitel zu lesen. Ja, viele Senioren würden vermutlich überhaupt kein Fernsehen mehr gucken oder nur noch auf deutschsprachige Flachkomödien und ideenlose Heimatfilme zurückgreifen. Ja, eine Umstellung brächte einen Aufschrei mit sich. Das ginge nicht von jetzt auf gleich. Der Sprachbildung in Deutschland könnte es aber nicht schaden.

Hinzu kommt ein wesentlicher anderer Punkt: Es gibt viele Verfechter der Synchronisation, aber selbst der beste Synchronsprecher kann nicht vermitteln, was der Schauspieler gerade denkt, meint, fühlt und tut. Jede Synchronisation verliert im Vergleich zum Original. Besonders krass ist das übrigens – ein gern bemühtes Beispiel – die unfassbar miese Synchronisation von Star Trek: Voyager. Von inhaltlichen Fehlern ganz zu schweigen.

Natürlich bringt eine Franziska Pigulla eine unglaublich gute Ausgangsstimme mit. Und natürlich verliert Gillian Anderson erst einmal im Original, wenn man sie das erste Mal quietschen hört. Sie hat nun mal keine verraucht-tiefe Stimme, sondern eine hohe, sehr weibliche. Aber spätestens nach drei Folgen will man es nicht mehr anders.

Und andersrum wird es schlimm, wenn ein Sprecher jahrzehntelang einen Schauspieler oder eine Figur gesprochen hat und dann verstirbt. Beispiel: Norbert Gastell. Er ist für mich DER Homer Simpson. Vermutlich haben die meisten Deutschen angefangen, Die Simspons zu schauen, bevor es Internet oder Netflix gab – auf Deutsch. Jetzt ist Gastell verstorben, Homer Simpson bekommt eine neue Stimme. Er wird nicht mehr der alte Homer sein. Und das ist in jedem Fall eine Enttäuschung. Egal, wie wertfrei man den neuen Sprecher willkommen heißt. Gastell war hier sogar noch eine Spur spezieller und besser als Elisabeth Volkmann, die Marge gesprochen hat. Anke Engelke übernahm und macht das erstaunlich gut. Ob es dem Nachfolger von Gastell gelingt, bleibt abzuwarten.

Ein besonders krasses Beispiel ist auch die Netflix-Serie “Orange is the new Black”. Im Gefängnis leben lateinamerikanische, weiß-amerikanische, zugewanderte Insassinnen ebenso wie welche aus der New Yorker Bronx. Allein die verschiedenen Farben der amerikanischen Sprache zu hören, macht diese Serie so sympathisch. Jede ist anders, jede redet anders. Die deutsche Synchronisation kann da nicht rankommen, egal, wie sehr sie sich bemüht. Letzlich bleibt die Frage, wieso bei der Ausstrahlung von Fernsehserien nicht wenigstens der Zweikanalton genutzt wird. Er wird viel zu selten berücksichtigt. Vielleicht möchten Menschen, die ohnehin wenig Fernsehen, weil sie sich Streaming-Diensten zugewandt haben, dann wenigstens beim linearen Fernsehen die Option haben, den Ton zu wechseln.

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