Bruchpiloten, Folge 6: After Life

Bruchpiloten, Folge 6: After Life

Für die neue Reihe “Bruchpiloten” haben wir uns gegenseitig jeweils sieben Pilotfolgen von Serien zugeteilt, die der jeweils andere sehen und hinterher darüber bloggen soll. Voraussetzung: Es müssen Serien sein, die der andere noch nicht kennt. Heute bei mir in Folge 6: After Life.

After Life ist eine Serie, die ich schon ewig auf der Liste hatte, aber aus Gründen, die vermutlich irgendwo zwischen “gerade keine richtige Stimmung”, “oh, die dritte Staffel The Good Fight ist da” und “oh, ich guck doch erst noch mal alle 22 Polizeirufe Rostock” liegen, dann doch nie angefangen hatte. Ich hatte auch ein bisschen Angst, dass es das typische Ricky-Gervais-Mockumentary-Ding ist. Und Mockumentary und ich, wir werden in diesem Leben einfach keine Freunde mehr, da ich das Format weder lustig noch unterhaltsam finde.

Ich wurde positiv überrascht. Als “Dramedy” geht After Life auf jeden Fall durch, aber mocking ist hieran gar nichts. Tony (Ricky Gervais, der alle Folgen selbst geschrieben und auch inszeniert hat) hat seine Frau verloren. Sie starb an Brustkrebs. Seitdem ist für Tony nichts mehr, wie es war. Und weil sowieso alles egal ist und er beschlossen hat, er könne sich jederzeit umbringen, hat er sich eine zynische Ehrlichkeit angeeignet, mit der er seine Mitmenschen, auch die, die immer noch für ihn da sind und sich Sorgen um ihn machen, immer wieder vor den Kopf stößt. Tony arbeitet bei einer kleinen Lokalzeitung, die sein Schwager Matt leitet. Viel Lust auf den Job hat er nicht mehr, aber die Lust aufs Leben fehlt ihm schließlich auch. Die Pilotfolge hat mir so gut gefallen, dass der restliche Sonntag quasi gelaufen war. Ich habe alle elf weiteren Folgen (keine Sorge, eine geht maximal 28 Minuten) der insgesamt zwei Staffeln bis zum späten Abend einfach so weggeglotzt. Als ehemalige Zeitungsredakteurin waren mein absolutes Highlight die Szenen, in denen Tony mit seinem Kollegen, dessen Namen ich leider schon wieder vergessen habe (war es Lenny?), loszieht und Leute für die Artikel besucht. Es ist herrlich skurril, es ist unglaublich lustig. Und ich wünschte, ich hätte während meiner Zeit bei der Zeitung nur EINMAL solche Menschen getroffen. Diese Szenen sind das “edy” in After Life, während alle Sequenzen, in den Tony mit sich, seinem demenzkranken Vater, seiner Hündin Brandy und dem Leben hadert, auf jeden Fall in der Kategorie “dram” liegen. Auch wenn die erste Episode es nicht so richtig durchscheinen lässt: Es wird alles auf Dauer ein wenig heller. Es war nun nicht so, dass ich mit Tony weinen und leiden konnte. Ich fand einfach unfassbar deprimierend zu sehen, dass jemand es nicht schafft, sich aus seinem Selbstmitleid zu befreien und damit alles kaputtmacht, was drumherum, außen, eventuell auch noch wichtig und richtig sein könnte. Manchmal möchte ich ihn einfach schütteln, den Tony, und das Gefühl hatte ich schon in Folge eins. Es gibt auch nur eine Sache, die mich stört, aber da bin ich ein absoluter Nitpicker, was ich auch weiß: Dieses ständige Gewinsel, Gejaule, Gebelle von Hunden in Serien und Filmen ist unfassbar nervig. Hunde machen das nicht. Sie antworten üblicherweise nicht mit einem Winseln auf ein menschliches Selbstgespräch. Eher stellen sie die Ohren auf und legen den Kopf schief. Inzwischen nervt mich das so sehr, dass ich dann für mehrere Sekunden den Ton abschalte. Ja, call me a freak.

Somit ist After Life der erste Bruchpilot, der kein solcher ist, sondern eine erste Folge, die ich eher in die Kategorie “durchgestartet” ablege.

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