Die aktuelle „Frankenstein“-Verfilmung kann sich sehen lassen

Die aktuelle „Frankenstein“-Verfilmung kann sich sehen lassen

Ein dänisches Forschungsschiff bleibt 1857 im Ewigen Eis stecken. Die Mannschaft entdeckt einen verletzten Unbekannten und nimmt ihn an Bord. Kurz darauf stellt sich heraus, dass er von einer hünenhaften Gestalt verfolgt wird, die gleichfalls das Schiff betritt. Beide erzählen dem Kapitän ihre Geschichte.

Mary Shelleys Schauerroman „Frankenstein“ von 1818 wurde bereits ungezählte Male verfilmt. Als Guillermo del Toro ankündigte, sich ebenfalls dem Horrorklassiker zu widmen, ahnten Fans sofort, was sie erwarten würde: Der kreative Kopf hinter den ersten beiden „Hellboy“-Filmen und dem Meisterwerk „The Shape Of Water“ begeistert meist mit stimmungsvollen Bildern, handgemachten Effekten und viel Liebe zum Detail. Die Story vom ehrgeizigen Wissenschaftler und seiner Kreatur schien wie geschaffen für den Stil des Regisseurs.

Und tatsächlich: „Frankenstein“ (so der originelle Titel) bietet all das, wofür der Filmemacher bekannt und beliebt ist. Zu schade, dass er nur über einen sehr kurzem Zeitraum im Kino gezeigt wurde – und ebenso traurig, dass das nicht an Halloween passierte. Nun also kommen Netflix-Abonnenten in den Genuss epischer Bilder und düsterer Atmosphäre.

Del Toro zeichnet die bekannte Gruselmär mit dicken Kreidestrichen, konzentriert sich auf die Beziehung zwischen Mann und Monster und hat dazu eine sehenswerte Besetzung zusammengestellt. Oscar Isaac gibt den fanatischen Baron mit Mut zu großen Gesten, ganz bewusst immer am Rande des over acting. Mia Goth (welch passender Nachname) spielt sowohl seine Mutter als auch seine unterfüllte Liebe Elizabeth als Gegenentwurf dazu eher zurückgenommen. Jacob Elordi als Frankensteins Geschöpf bringt nicht nur die nötige Physis mit, sondern auch genug Talent, um sich für den einen oder anderen Filmpreis zu empfehlen. Er verkörpert das Leid und die Verzweiflung ebenso beeindruckend wie die Wut. Das passt zu der großen Frage, die der Film aufwirft: Wer ist das wahre Ungeheuer?

Schwachpunkt ist – und es wird Zeit, dass das mal jemand anspricht – Christoph Waltz als Frankensteins undurchsichtiger Geldgeber. Nach dem Oscar für „Inglourious Basterds“ hat er sich konsequent auf das kreative Level runtergearbeitet, auf dem alle deutschen und österreichischen Hollywood-Exporte früher oder später gelandet sind. Dabei spielt er letztlich immer die gleiche Rolle, nämlich sich selbst.

Unterm Strich ist Guillermo del Toros Interpretation des legendären Romans ein sehr sehenswerter Film ohne allzu große Überraschungen, wenn man von einem relativ originellen Ansatz absieht, was den erzählerischen Aufbau angeht. Man bekommt, was man sich erhofft, dazu ein zwei saftigere Szenen. Das allerdings macht „Frankenstein“ zur perfekten Umsetzung, durchaus vergleichbar mit „Bram Stoker’s Dracula“.

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