Etwas zuviel des Guten: “James Bond – Spectre”

Etwas zuviel des Guten: “James Bond – Spectre”

Kaum eine Filmreihe folgt so sehr ihren eigenen strengen Gesetzen wie die Abenteuer von James Bond: Wo die Doppelnull draufsteht, muss mindestens der doppelte Inhalt drin sein. Die Fans wollen knallige Action, wunderschöne Autos, rasante Frauen, einen coolen Helden, fiese Gegenspieler und natürlich die immer gleichen Sprüche. Geschüttelt, gerührt, Lizenz zum Töten, Ihr wisst schon.

Vor drei Jahren hat das nach offizieller Zählart 23. Kino-Abenteuer des Spions, der eigentlich eher ein Killer ist, mit einigen Klischees gebrochen, andere fast zur Parodie erhöht und war mit seinen Sprüngen zwischen schöner neuer Welt und guter alter Zeit derart konsequent, dass nicht wenige “Skyfall” für den besten Bond-Film aller Zeiten halten. Ein durchkomponiertes Meisterwerk war er allemal, stimmig bis ins letzte Detail, dazu mutig genug, auch mal das eine oder andere Denkmal vom Sockel zu stoßen, um den strauchelnden Geheimagenten fit für die Zukunft zu machen. Kurz: Der Streifen hat verdammt nochmal gerockt!

SpectreEin schweres Erbe also, das der 24. Auftrag Ihrer Majestät da antritt. Dabei waren die Erwartungen gar nicht besonders hoch: Erste Teaser-Fotos wirkten relativ unspektakulär, die Entscheidung für Christoph Waltz als Bösewicht etwas zu naheliegend, Sam Smith’ Titelsong klang leicht antiquiert (und im Vergleich zu Adeles “Skyfall”-Hymne wenig aufregend). Klar, Daniel Craig würde wie immer eine souveräne Vorstellung abliefern, bestimmt scheppert es ordentlich, und so richtig schlecht kann ein neuer Bond ja eh nicht sein… Um es vorwegzunehmen: Das mag stimmen. Dennoch kann auch und gerade bei einer solchen Ikone in Sachen Inszenierung einiges schiefgehen.

Dabei fängt “Spectre” äußerst vielversprechend an: Der Auftakt in Mexiko ist nichts weniger als spektakulär, noch dazu im ersten Drittel ohne Schnitte gedreht. Die Kampfszene im Hubschrauber hat man in dieser Form noch nicht gesehen. Und das Tempo ist tatsächlich mörderisch. Es folgt nach der bekannten Formel die Titelsequenz, in Bond-Filmen nicht nur eine Tradition, sondern längst eine eigene Kunstform. Man kann kaum erwarten, dass die Handlung weitergeht, denn was mit einem derart lauten Krachen startet, kann ja nur mitreißend werden… Zu früh gefreut. Der erste Fehler, den sich Regisseur Sam Mendes leistet: Er steigt in die Eisen und bremst sein eigenes Spektakel aus. Die folgenden ruhigen Szenen wirken unangenehm zäh, den sympathischen und gut gespielten Nebenfiguren wie Moneypenny (Naomie Harris) und Q (Ben Whishaw) zum Trotz.

Die Handlung sei nur rasch skizziert: James Bond ist der titelgebenden Geheimorganisation auf der Spur, eine Art Schnitzeljagd führt ihn quasi einmal um den Globus, und ähnlich wie im Vorgängerfilm sieht er sich mit seiner eigenen Vergangenheit konfrontiert. Dazu kommen politische Intrigen, die ihn fast den Job kosten (auch das hatten wir in “Skyfall” schon besser), und selbstverständlich eine Reihe physischer Auseinandersetzungen mit finsteren Gesellen wie dem bulligen Mr. Hinx (Dave Bautista). Das Eigenartige: Man versteht als Zuschauer nie so ganz, wohin uns Mendes führen will. Mal kommt “Spectre” als Hommage daher (die Prügelei im Zug erinnert an Roger Moores legendären Kampf gegen den “Beißer”), dann wieder wirkt der Film fast albern (Waltz gibt leicht gelangweilt seinen süffisanten Schurken), während an anderer Stelle deutlich wird, dass wir uns ja in der realistisch angelegten Bond-Ära der Neuzeit bewegen (diesmal personifiziert “Sherlock”-Antagonist Andrew Scott die Angst vor morgen). Das ist alles etwas zuviel des Guten – auch für sich genommen schmackhafte Zutaten geben eben nicht immer einen leckeren Eintopf ab.

Keine Bange: Natürlich ist “Spectre” kein Fiasko. Es gibt keine unsichtbaren Autos, keine übertriebenen Computer-Effekte, dafür mehr als einmal wirklich packende Szenen und dank starker Darsteller mitunter sogar spannendes Schauspielerkino. Würde der Film zudem 90 statt 148 Minuten dauern, auf Monica Belluccis sinnfreien Gastauftritt verzichten und sich nicht den einen oder anderen Fauxpas gönnen (Stichwort: menschenleeres Rom), wäre er sogar großartig. So allerdings reicht es nur für einen durchschnittlichen Gesamteindruck. James Bond will return – das ist klar. Und hoffentlich noch einmal gespielt von Daniel Craig. Sein Abgang wäre sonst doch etwas zu unrühmlich.

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