Einfach leben: “Club der roten Bänder” verändert das Fernsehen

Einfach leben: “Club der roten Bänder” verändert das Fernsehen

Die Serie spielt im Krankenhaus, ist aber keine Krankenhausserie. Sie handelt von tödlichen Krankheiten, feiert aber das Leben. Es geht um Sorgen und Ängste, aber mehr als einmal muss man herzlich lachen. Und ihr Erzähler liegt im Koma.

Vieles ist ungewöhnlich an “Club der roten Bänder”. Am ungewöhnlichsten sind vielleicht die Produktionsbedingungen: Immerhin handelt es sich um die erste eigene Serie, mit der Vox – sonst eher bekannt für humorige Scripted-Reality-Formate – an den Start geht. Dabei sprechen wir nicht von einer Seifenoper, sondern von guter Kameraarbeit, guten Drehbüchern, vor allem aber guten Schauspielern, und das alles zur besten Sendezeit, nämlich montags um 20.15 Uhr. Zudem ist die Geschichte so anrührend wie mutig erzählt, basierend auf der Verfilmung authentischer Erlebnisse ihres spanischen Autors.

Club der roten BänderWorum geht’s? Wir begleiten den 15-jährigen Jonas (Damian Hardung) auf seinem schwersten Weg, zugleich auf dem letzten, den er auf zwei Beinen zurücklegen wird: Der begeisterte Skateboarder hat Krebs, ein Unterschenkel muss zum Teil amputiert werden. Im Krankenhaus lernt er Leo (Tim Oliver Schultz) kennen, dem gleichfalls ein Bein abgenommen werden musste und der ebenfalls unfreiwillig eine Glatze trägt. Ihr gemeinsames Schicksal schweißt die beiden Altersgenossen rasch zusammen: “Du kannst hier drin an Krebs sterben”, erklärt Leo seinem neuen Freund, “oder an Langeweile.” Gemeinsam ist man weniger allein.

Emma (Luise Befort) kann den Jungs “immerhin in den Arsch treten”, daran lässt sie keinen Zweifel. Sie ist ebenfalls Patientin der Klinik und hat den gleichen Galgenhumor, aber ein anderes Schicksal: Essstörungen. Eine jugendliche Stimme aus dem Off führt die Protagonisten ein, zu denen zudem der arrogante und herzkranke Max (Timur Bartels) sowie Toni (Ivo Kortlang) zählen, der “besonders” ist, wie sein Opa sagt. Er ist es auch, der Hugo (Nick Julius Schuck) verstehen kann, den kleinen Jungen, der seit zwei Jahren im Koma liegt. Seine Stimme ist es, die der Zuschauer hört – gewissermaßen als guter Geist gibt er den Erzähler, ordnet die Ereignisse ein. Gemeinsam werden sie der “Club der roten Bänder”, benannt nach den Armbändern, die Leo mit trotzigem Stolz sammelt, erinnert ihn doch jedes von ihnen an eine überstandene Operation.

Es geht um Freundschaft in dieser etwas anderen Serie, um Zusammenhalt und darum, auch im Angesicht des Todes nicht aufzugeben. Es wird geweint, es wird oft und befreit gelacht, hier will niemand Mitleid, hier wird einfach gelebt. So etwas gab es im deutschen Fernsehen noch nicht. Da freut es um so mehr, dass die Einschaltquoten sehr gut waren und Vox noch während der Ausstrahlung in einem wahren Candystorm baden durfte. “Club der roten Bänder” ist auf zehn Folgen angelegt, die jeweils im Doppelpack ausgestrahlt werden – wenn die restlichen vier das Niveau halten, ist das nichts weniger als die beste deutsche Dramaserie. Da werden andere Sender sicher bald nachziehen. Und ebenfalls auf Niveau setzen.

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