Hausen: Viele lose Fäden, aber kein Knäuel

Hausen: Viele lose Fäden, aber kein Knäuel

Mit seiner Original-Serie “Hausen” wirbt Sky schon seit mehreren Wochen intensiv. Als großer Charly-Hübner-Fan war klar, dass ich für diesen Zweck ein Abo abschließen würde. Der Trailer war faszinierend, die Einordnung in das Genre „Horror“ höchst interessant. Ein zweites „Dark“, nur mit mehr Grusel, Blut und Psychothriller und ohne Zeitreise? Spannend!

Mindestens witzig ist dann für mich die Einstiegsszene: Charly Hübners Figur Jaschek Grundmann, von Beruf Hausmeister, fährt in einem alten Volvo am neuen Arbeitsplatz vor – ein nicht ganz unheimliches Hochhaus. Sein erstes Gespräch führt Grundmann alias Hübner dann mit der Figur, die Lilith Stangenberg spielt. Volvo und Stangenberg: Wer die Rostocker Polizeirufe kennt, weiß, beides einzuordnen. Ich musste schmunzeln.

Was sich definitiv festhalten lässt: Die Cinematographie ist unfassbar gut. Klar, es ist einfach, das zu sagen, wenn die Grundfarbe der Serie blau-grau ist. Licht gibt es faktisch nicht oder nur dann, wenn es als Gegenpart zur Dunkelheit gebraucht wird, als starken Kontrast, aber nie als Element, um einen der Charaktere heller erscheinen zu lassen. Die Kamera überzeugt mich ebenfalls, gleichsam mit der Regie. In dieser Hinsicht hatten die Produzenten recht, die ersten zwei Folgen im Kino anzubieten, weil sie meinten, dass die Serie das Format dazu habe. Cinematographisch stimme ich zu. Ich weiß nicht, ob ich im deutschen Fernsehen viel Besseres gesehen habe. Und wenn ich im “Making of” höre, dass sie das angemietete bzw. genutzte Hochhaus ganze 14 Wochen präpariert haben, bis es zum Dreh bereit war, dann weiß man, wie viel Arbeit, Nerven, Geld und Zeit drinstecken.

Diese vier Elemente stecken vermutlich auch im Drehbuch: Allein, ich sehe sie nicht. Für eine Horror-Serie passiert definitiv zu wenig. Zu wenig Schockmomente, zu wenig Grusel, zu wenig Blut, zu wenig alles – zumindest in den ersten vier (!!) Folgen. Horror ist das nicht, maximal Mystery.

Und: Es ist einfach nur zäh. Ich habe überhaupt kein Problem mit einer langsamen Erzählung, wenn die Zeit dazu genutzt wird, den Charakteren Tiefe zu geben. Das passiert aber eigentlich nur mit Jascheks Sohn Juri, der sich im Laufe der Folgen zur Hauptfigur entwickelt. Von allen anderen sehen wir immer nur Bruchstücke. Es bleibt außerdem lange unklar, wer hier mit wem und dem Haus und warum zusammenhängt. Viele lose Fäden, die kein Knäuel werden. Ich habe irgendwann den Überblick verloren, weil zu viel parallel läuft und wir zu lange nicht erfahren, warum was wichtig ist.

Darüber hinaus verwischen Realität und Traum sowie Halluzinationen und Vorsehungen so sehr, dass der Zuschauer zwischendurch durchaus den Faden verlieren kann, wenn er nicht ganz genau aufpasst. Und hier liegt die Crux: Ich bin inzwischen so verdorben vom getrieben erzählten Fernsehen, dass ich keine Geduld habe, 25 Minuten ohne eine einzig wichtige Handlungsnote auszuhalten. Ich greife zum Handy und daddel rum. Ja, my bad, ich weiß das. Leider.

Dass man einen langsamen Stoff auch gut langsam erzählen kann, zeigt beispielsweise die Serie “Sharp Objects” mit Amy Adams. Auch hier wird sehr sehr langsam erzählt, aber es ist nie zäh. Und immer wird die Geschichte durch kleine Details vorangetrieben. Spöttisch kommentierte ich bei “Hausen” nach drei Folgen: Menschen sitzen/liegen/stehen/laufen durch ein gruseliges Haus.

Mehr passiert eigentlich nicht. Einmal trägt Grundmann blutiges Fleisch durch die Flure, Nachbarn werden eingeführt, einmal verspeist eine Katze eine andere Katze. Ich warte fortlaufend auf eine Implosion, wahlweise eine Explosion. Aber die ganze Serie fühlt sich so an, als würde sie sich über die vielen Folgen extrem aufblähen, um am Ende mit einem lauten Rülpser das Acht-Gang-Menü zu beenden.

Schade.

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