Insert name here: Good Will Hunting

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Logo_testKlar: Mit Filmen und Serien kennen wir uns aus. Und doch haben Kartoffeln manchmal Löcher, Sitzkartoffeln also auch: Wissenslücken. Wer kennt schon jeden Klassiker? Wir jedenfalls nicht. Wollen wir aber. Also rufen wir uns gegenseitig die Titel von Meisterwerken der Filmgeschichte zu, die das Gegenüber noch nie gesehen hat. Und nun gucken muss – und darüber schreiben (natürlich ohne Google).

Kirsten rief: Good Will Hunting.

Markus‘ erster Gedanke: Der Grund, warum Matt Damon und Ben Affleck sich Oscar-Preisträger nennen dürfen.

Ich weiß gar nicht genau, warum ich diesen Film ausgelassen und bislang niemals nachgeholt habe. Vermutlich haben mich seinerzeit (in den 90ern) Action- und Slackerfilme einfach mehr interessiert. Außerdem hatten Affleck und Damon damals durchaus den Ruf, schlichte Posterboys zu sein, da fand ich den Academy Award für ein Drehbuch doch einigermaßen albern. Oder anders: Wenn ich mir in jenen Jahren einen Film mit den beiden angeguckt habe, dann eher “Dogma” als dieses Drama, das von allen Seiten derart gelobt wurde, dass ich da nicht auch noch einstimmen musste.

Um es vorweg zu nehmen: Das mit dem Lob hole ich nun gern nach. “Good Will Hunting” ist wirklich ein verdammt guter Film – und ja, das hat er durchaus seinem Drehbuch (konkreter: den Dialogen) zu verdanken. Mittlerweile weiß ich, dass Damon und Affleck unterschätzte Schauspieler sind. Und muss ergänzen: Ich habe ihrem Frühwerk Unrecht getan.

Aber der Reihe nach: Will Hunting (Matt Damon) ist Anfang 20, Waise, vorbestraft, lebt in Boston und arbeitet als Hausmeister an einem Mathe-Institut. Seine Freizeit verbringt er mit seinen drei Kumpels, darunter sein bester Freund (Ben Affleck), der sich von ihm – das wird rasch deutlich – intellektuell ziemlich unterscheidet. Anders als sein Unterschicht-Umfeld kann sich Will nämlich sehr für Bildung begeistern, und er bringt zudem die nötige Intelligenz mit, diese anzuwenden. Dadurch lernt er eines Abends eine Studentin (Minnie Driver) kennen, die er mit seinem Wissen über Geschichte beeindruckt.

Seine wahre Passion gilt jedoch der Mathematik. Ein prominenter und buchstäblich ausgezeichneter Professor (Stellan Skarsgård) gibt seinen Studenten die offenbar sehr schwierige Aufgabe, eine Gleichung zu lösen, die er auf eine Tafel im Gang schreibt. Als Will nachts den Flur fegt, entdeckt er die Formel und bringt sie kurzerhand zu Ende. Dadurch wird der Prof auf ihn aufmerksam und gleichzeitig etwas Schwung in dessen Alltag gebracht, der offensichtlich aus eher lässig inszenierten Vorlesungen und dem Flirten mit Studentinnen besteht. (Eine Gleichung ist so sexy wie eine Symphonie – ist klar.) Das alternde Mathe-Genie nimmt sich des jungen an und versucht, mit ihm die Pygmalion-Nummer durchzuziehen. Soll heißen: Er will aus dem kleinkriminellen Raufbold einen achtbaren Wissenschaftler machen.

Der gute Will Hunting hat nämlich ein, zwei Probleme im Umgang mit seinen Mitmenschen, die daraus resultieren, dass er in gleich drei Pflegefamilien misshandelt wurde. Er kann niemandem vertrauen, lässt andere Menschen nicht an sich ran, und das zerstört letztlich auch die Beziehung zur reichen Studentin. Nachdem einige Psychologen vergeblich versucht haben, gegen den überlegenen Intellekt des Aushilfshausmeisters anzukommen, ruft der Mathe-Prof einen einstigen Studienfreund zu Hilfe, einen renommierten, allerdings selbst von privaten Schicksalsschlägen erschütterten Therapeuten (Robin Williams). Dieser schafft es nach und nach, Wills Vertrauen zu gewinnen. Sie unterhalten sich nicht nur über mögliche berufliche Ziele, sondern auch über das Leben an sich. Der Therapeut erzählt von der Liebe zu seiner verstorbenen Frau und davon, was es bedeutet, wirklich erwachsen zu sein.

Die Umsetzung dieser Gespräche ist großes Kino. In einer Art Kammerspiel geben Damon und Williams alles, wobei ihnen die wirklich geschliffenen Dialoge sehr hilfreich sind. Sollte man gesehen haben, hat ein bisschen Filmgeschichte geschrieben und ist wirklich verdammt gut. (Ich fluche in dieser Rezension fast so oft wie Wills Kumpels.)

Was mich jedoch am meisten beeindruckt hat: Der letzte Kick in die richtige Richtung kommt für Will gar nicht von seinem Therapeuten, der für ihn eine Art väterlicher Freund wird, sondern erstaunlicherweise von seinem besten Kumpel. Der vermeintlich tumbe Straßenköter sagt einige sehr kluge Dinge über die wahre Funktion von Freundschaft: Er sei bereit, ihn ziehen zu lassen, versichert er dem angehenden Mathematiker, da dies das Beste für ihn bedeute. Die Hauptsache ist, dass es einem Menschen, an dem einem etwas liegt, gut geht, auch wenn das für einen selbst schmerzhaft sein mag. Das ist die Aussage des letzten Gesprächs der beiden Freunde, und da ist viel Wahres dran. (Um nicht zu schreiben: verdammt viel Wahres.)

Letztlich beherzigt Will die Ratschläge, nimmt einen Job außerhalb Bostons an, und in der letzten Szene sehen wir das Auto, das ihm seine Freunde zum 21. Geburtstag geschenkt haben, in Richtung der Studentin fahren. Will Hunting ist erwachsen geworden.

Man kann sich darüber streiten, ob die Moral möglicherweise etwas reaktionär ist. Sicher macht die harte Schule, durch die der Protagonist gehen muss, einen besseren Menschen aus ihm. Weniger Prügeleien, mehr Matheformeln – daran ist erstmal nichts auszusetzen. Aber ob man als Erwachsener wirklich ein funktionierendes Rädchen im System sein muss oder ob es nicht vielleicht noch andere Wege gibt, sein Lebensglück zu finden – diese Frage darf man durchaus stellen. Keine zwei Meinungen lasse ich allerdings über die Qualität dieses Films zu: Er ist gut gespielt, hat ein souverän strukturiertes Drehbuch, teils fantastische Dialoge… und an der richtigen Stelle ist “Baker Street” zu hören.

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