“Daredevil” zum Dritten: Wer ist hier der Teufel?

“Daredevil” zum Dritten: Wer ist hier der Teufel?

Matt Murdock (Charlie Cox) ist am Ende. Der gemeinsame Kampf mit den “Defenders” hat ihm am meisten zugesetzt: Nicht nur seine Mitstreiter, auch seine besten Freunde Foggy Nelson (Elden Henson) und Karen Page (Deborah Ann Woll) halten ihn nach der Explosion am Schluss der Schlacht um New York für tot. Tatsächlich befindet sich der schwer verletzte Verbrecherjäger jedoch in der Obhut von Father Lantom (Peter McRobbie) und Schwester Maggie (Joanne Whalley). Vor allem die resolute Nonne hilft dem blinden Anwalt dabei, seine übermenschlichen Sinne und seine Fähigkeiten im Nahkampf zurückzuerlangen. Das ist auch bitter nötig: Matts Erzfeind Wilson Fisk (Vincent D’Onofrio) schafft es mit Intrigen und Gewalt, aus dem Gefängnis zu entkommen. In seinen Racheplänen erhält der “Kingpin” Unterstützung vom psychopathischen FBI-Agenten “Dex” Pointdexter (Wilson Bethel) – und der Killer trifft immer das Bullseye. Als die beiden den Namen von Murdocks Alter Ego in den Dreck ziehen, ist es für diesen an der Zeit, zurückzukehren. Und schon bald fliegen im Dunkel der Nacht wieder die Fäuste von Daredevil…

Keine Sorge – mehr wird an dieser Stelle nicht über die Handlung der dritten Staffel von “Marvel’s Daredevil” verraten, die seit kurzem auf Netflix zu sehen ist. Nachdem der Streaming-Riese die Fans mit der Ankündigung schockierte, “Iron Fist” und “Luke Cage” nicht fortzuführen, ist die Zukunft der hauseigenen Marvel-Serien plötzlich ungewiss. Bekommen wir demnächst die “Heroes For Hire”? Wandert alles zum neuen Disney-Kanal? Oder steht tatsächlich der Anfang vom Ende an – noch dazu eingeläutet durch zwei unbefriedigende Cliffhanger? Season 3 der Geschichte um den Helden von Hell’s Kitchen dürfte jedoch nicht nur jene Zuschauer milde stimmen, denen die jüngsten Abenteuer des Kampfsport-Hippies und des unverwundbaren Glatzkopfs zu langweilig waren. Sie zeigt zudem, wie stark die Zusammenarbeit von Marvel und Netflix ist, wenn man eben doch auf die typischen Elemente einer Comic-Verfilmung setzt. Der Teufelskerl kommt deutlich actionlastiger daher als seine Kumpane – und trotz der klassischen Länge von 13 Folgen hat die Staffel erfreulich wenig Leerlauf. Hoffen wir, dass auch “Jessica Jones” und “The Punisher” zurückkehren und ihre gewohnte Qualität behalten.

Zurück zu “Daredevil”: Die Handlung ist nicht besonders originell, funktioniert aber deswegen bestens. Man kennt die Geschichte vom gefallenen Helden, der seinen Namen reinwaschen muss. Daher fühlt man sich rasch zu Hause zwischen den grausamen Finsterlingen und den gnadenlos Guten, die im Zweifel ähnliche Wege gehen wie ihre Antagonisten. Der Handlung gemäß ist Daredevil wieder im selbst genähten schwarzen Kostüm der ersten Staffel unterwegs. Und natürlich gibt es erneut eine ungeschnittene Kampf-Choreografie von mehreren Minuten. Auch wird an Blut nicht gespart: D’Onofrios Kingpin beispielsweise ist eben nicht nur ein brillanter Stratege, sondern auch ein brutaler Kämpfer. In den ruhigen Momenten wird jedoch deutlich, wie gut der Darsteller seinen wahnsinnigen Gangsterboss natürlich im Griff hat – da hat jemand eine Rolle gefunden, die er buchstäblich ausfüllt. Ebenfalls erwähnenswert: Joanne Whalley als wortgewaltige Ordensschwester, deren Beziehung zu Matt Murdock enger ist, als dieser zunächst ahnt. Die Ex-Frau von Val Kilmer ist die ideale Besetzung für einen charmanten Charakter, der seine Empathie durch Aggressionen tarnt.

Besetzung, Kamera, Drehbuch, Action – alles passt fast schon zu perfekt. Großartige Überraschungen sollte man also nicht erwarten, wenn der boxende Beelzebub sich durch Straßenschluchten und Gerichtssäle kämpft. Aber vor allem im Vergleich zu den jüngsten Staffeln seiner Parallelserien ist “Daredevil” wenigstens nicht dröge, sondern im Gegenteil hochspannend, dramatisch und packend. Und: Die Abenteuer des Schutzteufels sind “superheldiger” als Marvel und Netflix ihrer Zusammenarbeit für gewöhnlich gönnen. Fans des Marvel Cinematic Universe wird’s freuen. Oder anders: Solange die Hauptfiguren wiederkehren und man uns Jessica, den Punisher und Daredevil lässt, ist die Einstellung von zwei Serien gar nicht so erschreckend. Wir reden hier ja auch über den “man without fear”!

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